9/6/2019

Schaukel Sonderausstellung

Das erste Perspectival

Vom 13. bis 16. Juli 2023 fand das erste Perspectival unter dem Motto "[Aus]Grenzen" in Damüls und Fontanella statt, bei dem die über 500 Besuchenden dazu eingeladen waren, im Rahmen verschiedenster Veranstaltungsformate gemeinsam zu diskutieren, nachzudenken, zu gestalten, zu feiern und zu streiten – für eine respektvolle und tolerante Gesellschaft.

Mit einer Mischung aus Kulinarik, Musik und spannenden Teilnehmenden, wie Angelika Simma Wallinger (Chefredakteurin des ORF Vorarlberg), Peter Iwaniewicz (Leiter Abteilung Nachhaltige Entwicklung und Bewusstseinsbildung im BM für Klimaschutz) und Jens Schröder (Wissenschaftsjournalist) wurde der Auftakt zu einem besonderen Abend.

Über 500 Teilnehmende waren bei ersten Perspectival dabei

Am Freitagvormittag teilten bei einer Wanderung auf den Elsenkopf beim [Grenz]Funk besondere Menschen wie z.B. Nina Horaczek (Chefreporterin der Wiener Wochenzeitung "Falter") oder Marc Girardelli (Ex Skirennläufer) grenzwertige Geschichten aus ihrem Leben.

Eine Schaukelausstellung

Die während des Perspectivals eröffnete Schaukelausstellung thematisiert die Grenzen zwischen der digitalen Welt und der Entschleunigung und kann die nächsten zwei Jahre im FIS Ski Museum Damüls besucht werden.

Zwei Jahre findet die Schaukel Sonderaustellung in Damüls Faschina statt.

Die Welt in einer hoch technologisierten und digitalisierten Beschleunigungsspirale auf dem Weg zum scheinbar immer „Höher – Schneller – Weiter - Besser“ kommt in vielerlei Hinsicht an ihre Grenze – und wir mit ihr.

Losgelöst von der Ausstellung im Museum kann das "Land der Schaukeln" erwandert werden

Der gehetzte Mensch, der von Neuerung zu Neuerung strebt, immer im Gefühl etwas zu verpassen beim Versuch der Selbstoptimierung. Klimakrise, Kriege, Fluchtbewegungen als gesellschaftliche Konflikte, die sich scheinbar unaufhaltsam verselbstständigen. Eine verunsicherte Menschheit driftet immer weiter auseinander in eine Schere zwischen Beschleunigung und Innovation auf der einen und existenziellen Krisen auf der anderen Seite. Offensichtlich wird nun, dass wir uns selbst trotz allem Fortschritts vielfach abhanden gekommen sind und auf die drängenden Fragen und Konflikte unserer Zeit kaum Antworten haben. Hat die Technisierung unserer Umwelt wirklich dazu geführt, dass wir mehr Zeit und Freiheiten zur Verfügung haben? Mehr geniessen und ein entspannteres Leben führen? Gelassen dem Alter und dem Tod entgegensehen? Oder ist es nicht vielmehr so, dass wir längst in der Spirale von Beschleunigungskultur und Intensität gefangen sind und den Ausstieg scheuen in Unkenntnis dessen, was uns und die Welt im Inneren zusammenhalten und tragen könnte?

Der Philosoph Wilhelm Schmid während der Schaukelwanderung im "Land der Schaukeln"

In der Ausstellung begeben wir uns auf eine Spurensuche.

Können Entschleunigung, die Rückkehr zu scheinbar sinnlosem Tun oder die spielerischen Qualitäten in uns, ein Schlüssel zum Ausstieg aus dem Hamsterrad sein? Könnten Menschlichkeit und Begegnung ein Gegengewicht zu Verunsicherung und Haltlosigkeit darstellen? Können wir die Grenze von Beschleunigung, an die wir hier stossen, auch wieder verlassen ohne eine existenzielle Verlusterfahrung machen zu müssen? Ist es möglich, in diesem Kontext Digitalisierung und Technisierung wieder als unterstützend zu erfahren? Liessen sich vielleicht dann auch Antworten auf die Krisen unserer Zeit entwickeln?

Wer gerne schaukelt, wird sich erinnern: Die Intensität von Geschwindigkeit, Höhe und Fall, die Grenzerfahrung des Körpers. Das Spielen, das Lachen. Die Sonne im Gesicht, den Wind in den Haaren.

Die Einfachheit des Tuns, der Bewegung, die Stille, die Ruhe im fortwährenden Vor und Zurück. Die Gedanken, die umherschweifen und zu sich kommen können.

Die Entschleunigung.

Zur Einführung in die Ausstellung las Wilhelm Schmid (Philosoph, Berlin) aus seinem gerade erschienenen Buch: „Schaukeln, die kleine Kunst der Lebensfreude“.

Wilhelm Schmid, geb. 1953, lebt als freier Philosoph in Berlin. Er lehrte bis zur Altersgrenze Philosophie an der Universität Erfurt.
Wilhelm Schmid liest aus seiner Neuerscheinung: Schaukeln – Die kleine Kunst der Lebensfreude, 2023.

Performancekünstlerin Nezaket Ekici

An der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig war sie Meisterschülerin von Marina Abramovic im Bereich Performance. Mehr als 300 verschiedene Performances und Installationen präsentierte sie in mehr als 70 Ländern auf vier Kontinenten, in über 180 Städten, in Museen, Galerien und auf Biennalen.  

Audiovisuelle Gipfelbesteigung

Gemeinsam mit der Performancekünstlerin Nezaket Ekici waren die Ausstellungsbesucher zur Eröffnung eingeladen, sich schaukelnd in einen poetischen Raum zu begeben und die Künstlerin audiovisuell auf ihrer Gipfelbesteigung entlang des Damülser Schaukelwanderwegs zu begleiten. Frau Ekici hat zur Eröffnung aus ihrem Gipfeltagebuch gelesen, welches auf dem Damülser Schaukelwanderweg entstanden ist, in das sie ihre Gedanken, Eindrücke, Gefühle entlang der Wanderung festhalten wird und diese aus Künstlerinnen-spezifischer Sicht präsentiert.

Nezaket Ekici auf Ihrer achtstündigen Wanderung

Filmerisch wurde Frau Ekici auf der Wanderung begleitet, so dass eine dauerhafte Projektion im Ausstellungsraum dem Besucher für die Dauer der Ausstellung zugänglich bleiben wird.

Der Film von Nezaket Ekici wird dauerhaft in der Austellung zu sehen sein.

Experimente mit der Zukunft

Diese Spurensuche wird erweitert durch einen Blick in unsere digitale Zukunft im Obergeschoss der Ausstellung. Bei all den Chancen, aber auch Gefahren unserer heutigen und zukünftigen Möglichkeiten, dürfte es zunehmend wichtiger werden, den Menschen als den Menschen selbst nicht aus den Augen zu verlieren. Hier darf in diesem Sinne „mit der Zukunft“ experimentiert werden!

Interaktion mit ChatGPT basierend auf einer Frage, die Philosoph Wilhelm Schmid gestellt hat...

In einem zweiten Raum sind die Betrachter dazu eingeladen, sich vertrauensvoll in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bildlich durch die Reise des Lebens zu begeben und dabei sowohl die Spur der Kindheit nicht zu verlieren als auch der Begegnung mit dem Alter nicht zu scheuen. Diese Arbeit wäre in der Umsetzung ohne unsere technischen Möglichkeiten nicht realisierbar gewesen und spricht doch gleichzeitig eine menschliche und „entschleunigte“ Sprache.

Im Auf und Ab des Lebens sich schaukelnd zwischen Kindheit und Alter bewegen...

Den Rahmen für die angerissenen Themen bilden Bild- Text- und Filmmaterial, welches sich mit der Historie des Schaukelns auseinandersetzt. Es ist uns gelungen, die Originalfotografien aus dem Buch „Frauen, die schaukeln“ (Claudia Grabowski, Bremen) für die Ausstellung auszuleihen, die einen historischen Einblick in die Bilder schaukelnder Frauen vom Jahr 1880 bis in die 1960er Jahre geben. Auch kunstgeschichtlich wird es eine kleine Exkursion in die Malerei des Schaukelmotives geben.

Zeitgenössische fotografische Arbeiten präsentiert Sarah Solderer in der Ausstellung, die zwei ihrer Projekte aus dem Jahre 2017 in Form von Fotografien und einem Film zur Verfügung stellt: Schaukeln installiert an verschiedenen Bushaltestellen in Athen und Cuba.

Sarah Solderer aus Südtirol arbeitet als freischaffende Künstlerin zwischen Kunst und ökosozialem Design.

Die Schaukel, die vor und zurück schwingt, ist eine Metapher für den Rythmus der gehenden und kommenden Pendler, in ihren täglichen Routinen: Manchmal schneller, manchmal langsamer – in verkleinertem Massstab. Wir werden für Damüls diese Interventionen in den urbanen Raum in einem eigenen Projekt aufgreifen und erweitern.